[RenateB] - Unterschied Montessori vs. Waldorf |
Es ist mir schon klar, dass es unterschiedliche pädagogische Ansätze gibt, aber kann mir bitte jemand den genauen Unterschied zwischen Montessori und Waldorf erklären. Das ist doch ziemlich das Gleiche, oder? Vielen Dank & LG RenateB |
[büni74] - |
Hallo, Waldorf und Montessori unterscheiden sich schon ziemlich deutlich voneinander. Mit Waldorfpädagogik kenne ich mich nicht so gut aus, es gibt aber ein gutes Buch, das Montessori und Waldorf miteinander vergleicht: Montessori oder Waldorf? heißt es glaube ich. Was mir spontan einfällt: Montessori legt sehr viel Wert auf die Freie Wahl der Tätigkeit, während Steiner davon ausgeht, dass bestimmte Aufgaben in einem bestimmten Alter bearbeitet werden sollen, oder eben auch gerade nicht (irgendwo habe ich mal gelesen, dass er ablehnt, dass sich Kinder z.B. mit Zahlen beschäftigen, bevor sie ein gewisses Alter haben). Waldorfpädagogik legt außerdem (zumindestens bei den jüngeren Kindern) viel Wert auf darstellendes Spiel und handwerklich gestaltendes Arbeiten, auf Märchenerzählungen und "magisches Denken". Montessori hat damit überhaupt nichts gemeinsam, gerade diese Bereiche kommen bei ihr fast nicht vor, dafür aber eine deutliche "Wissenschaftsorientierung" in allen Bereichen. Während Montessori außerdem weltanschaulich ziemlich offen ist (zwar schon von einem christlich geprägten, demokratischen Menschenbild ausgehend, aber nicht dogmatisch) steht bei Steiner ganz klar eine Weltanschauung, eine eigene Philosophie im Hintergrund (Anthroposophie), die ich persönlich höchst bedenklich finde. Ausgehend von dieser Weltanschauung entwickelte Steiner sein pädagogisches Programm. Montessoris Weg war genau umgekehrt: über eine genaue Beobachtung des Kindes entwickelte sie ihren Ansatz weiter, die anthropologischen Grundaussagen haben ihren Ursprung in Annahmen, die sie aufgrund dieser Beobachtungen machte (viele davon lassen sich heute durch die Hirnforschung belegen). So gäbe es jetzt betimmt noch ganz viele Beispiele für wesentliche Unterschiede, sicher aber auch für Gemeinsamkeiten. Für mich persönlich kann ich sagen, dass die Montessoripädagogik mich deshalb überzeugt, weil sie Kindern viel zutraut, sie sehr ernst nimmt und dabei ganz klar den Auftrag an den Erzieher gibt, sich ständig mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinanderzusetzen und das Grundkonzept so beständig im Sinne Montessoris weiterzuentwickeln. Ob dies bei Waldorf in ähnlicher Form geschieht, weiß ich aber nicht. Wie gesagt finde ich die hinter dem Konzept stehende Anthroposopie aber höchst bedenklich, obwohl es sicher auch viele Waldorfeinrichtungen gibt, die für Kinder viel Positives leisten. Für meine eigenen Kinder käme Waldorf aber nie in Frage. Schöne Grüße büni |
[Regine] - |
Ich hatte Kinder an beiden Schulen, meine Tochter 4 Jahre an einer Montessori-Grundschule in Bayern, dann ein Jahr Waldorfschule, dann wegen Umzug Realschule in Hessen. Mein Sohn besucht jetzt eine Waldorfschule in der ersten Klasse. Und außer der Tatsache, dass in beiden Schulformen vom Kind und seinen Bedürfnissen ausgegangen wird und nicht wie in der "normalen" Schule vom Wissen, das in das Kind rein soll, haben die beiden sehr wenig gemeinsam. Es ist richtig, dass Montessori viel sachlicher ist - Maria Montessori ging es wohl bei ihren Beobachtungen um das Kind speziell beim Lernen. Rudolf Steiner geht es mehr um die Persönlichkeitsbildung, das ist eben diese anthroposophische Lehre, dass Menschen ihr gesamtes Potential nutzen sollen. So hat er die Kinder beobachtet und z.B. festgestellt, dass kleine Kinder noch in einer magischen Welt leben, also werden ihnen in den ersten beiden Klassen viele Märchen erzählt, und das die "Nachahmungskräfte" noch aktiv sind, also gibt es Fremdsprachenunterricht mit Sprüchen und Liedern ab der ersten Klasse und so hat alles einen Sinn und ein System. Jedes Ding wird aus einem bestimmten Grund auf eine bestimmte Art und Weise gemacht und es wird auch immer darauf geachtet, dass etwas "schön" ist. Mich persönlich haben auf der Montessori-Schule diese ganzen häßlichen, mehrfach kopierten Arbeitszettel schon sehr gestört: wie soll das Kind merken, das seine Arbeit wichtig ist und respektiert wird, wenn es auf solchen ollen Zetteln arbeiten muß? Ist nur eine Kleinigkeit, aber es ist eben nicht alles im Leben sachlich. In der Waldorfschule gibt es wunderschöne Hefte, in denen mit gut riechenden Stockmar-Kreiden geschrieben wird. Montessori ist auch sehr materialorientiert: im Klassenzimmer stehen mehrere Schränke voll mit Material. In einer Waldorfschulklasse steht nur ein Wagen, auf dem die aquarellierten Bilder getrocknet werden, sonst nichts. In der Montessorischule, die meine Tochter besuchte, mußte sie das Material in einer vorgegebenen Reihenfolge bearbeiten. Sie war sehr verträumt und abgelenkt, und es fiel ihr sehr schwer, gleichförmige Aufgaben bis zum Ende durchzuhalten. Das hieß dann bei der Lehrerin: sie kann ja noch nicht einmal diese leichte Aufgabe, da kann sie die schweren (spannenderen) ja erst recht nicht, und es war eine stetige Diskussion, ob sie "beschulbar" ist oder nicht. In dieser Schule wurde unglaublich viel Ritalin gegessen, aber es kamen auch mehr als die Hälfte der Klasse aufs Gymnasium. In der Waldorfschule wurde sie zum ersten Mal so erkannt, wie sie ist, und hatte viele Erfolge, weil sie gelobt wurde für Dinge, die für SIE ein Erfolg waren, und auch das autoritärere System (der Lehrer sagt und alle tun das gleiche) passten besser zu ihr. Jetzt ist sie eine sehr gute Schülerin auf der Realschule. Ich denke inzwischen, die Schulform muß irgendwie auch zum Kind passen - und natürlich sind den Eltern unterschiedliche Dinge wichtig. Gruß, Regine |
[Tanjamutti] - |
Hallo, ich finde, dass wir hier 2 ganz interessante Antworten haben, gerade wegen der Gegensätzlichkeit. Meine Tochter ist in einem Montessori Kinderhaus (Kindergarten) und war vorher in einem "normalen" Kindergarten. Ich war vorher schon Montessori-Fan und bin auch sehr über die Entwicklung begeistert. Auch kommt sie in eine M-Schule, die ich schon seit einigen Jahren kenne und mich auch sehr darauf freue. Dort gibt es wie im KIGA auch Intergrationskinder, die einen besonderen Förderbedarf haben und den auch bekommen. Man geht sehr individuell auf die einzelnen Kinder ein. In unserer Klasse in der Schule sind bei 23 Schülern 3 Förderkinder und 1 Lehrer sowie eine Erzieherin. Die Räume sind auch sehr gemütlich gestaltet. Es gibt einen runden Teppich in der Mitte, um den herum jeden Morgen Morgenkreis gemacht wird. Auch gibt es Rückzugsmöglichkeiten und auch eine Küche zum gemeinsamem Frühstücken und Tee kochen. Die Klassen sind altersübergreifend (1. bis 3. und 4. bis 6.). Das altersübergreifende ist typisch für Montessori. Es gibt keinen Frontalunterricht, die Kinder sitzen in Gruppen an Tischen und dürfen sich frei im Raum bewegen und auch einander helfen. Der Lehrer und der Erzieher sind beide im Hintergrund und lenken und leiten. So soll es sein. Ich denke, dass es aber absolut auf die Leute ankommt, die die Sache dort verwirklichen (Lehrer, Schulleiter). Ich bin mir sicher, dass nicht alles immer genau das ist, was drauf steht! Grundsätzlich wäre Waldorf auch nix für mich, aber...... wir haben Freunde deren Kinder (also 3 von 5) gehen an eine W-Schule (die anderen 2 sind noch im KIGA). Die 3 Mädels sind sehr sensibel. Trotz großer Klassen (es soll da 34 Schüler geben) und vom Lehrer autoritativ geleitetem (der Lehrer ist dort mehr der Macher und Ansager, als bei Montessori) Frontalunterricht fühlen sich alle sehr wohl und es wird auch auf alle sehr gut persönlich eingegangen. Ich finde das Weltbild auch etwas... na ja..... fragwürdig.... und dass alle Kinder pentatonische Flöte spielen müssen (also eine Flöte, auf der man nie falsch spielen kann), vor allem MÜSSEN, finde ich auch nicht so toll. Trotzdem finde ich es dort für die Mädels sehr gut, denn sie entwickeln sich gut und werden auch sehr kreativ beschäftigt. Sie gehen gerne zur Schule und leiden nicht unter Druck. Sie lernen dort auch rechnen, lesen und schreiben und befassen sich mit der Natur.... es werden sicherlich "ordentliche" (wenn man das mal so sagen kann) Leute aus ihnen werden. Ja, bei Montessori ist es teilweise viel wissenschaftlicher. Wer das nicht mag, ist dort falsch. Also ich denke mal, dass mathematisch besonders begabte Kinder, es bei Montessori einfacher haben, als bei Waldorf. Mir ist von einem Jungen bekannt, dass er dort bei W. tierisch gemobbt wurde und nun an der Monteschule voll aufblüht. Trotzdem stehe ich auf dem Standpunkt, dass immer die Lehrer entscheidend sind. Man kann in beiden Schulformen "bekloppte" Lehrer haben, dann ist es immer unangenehm. Waldorf wäre mir zu "**stisch" (warum macht der hier für m und y **??), esotherisch.... ich als Ingenieurin fühle mich bei Montessori sehr wohl, zumal es an unserer Schule doch recht alternativ zu geht, was meinem persönlichen Lebens- und Erziehungsstil recht nahe kommt. Wer aber mehr so die esotherische Ader hat, fühlt sich sicher bei Waldorf wohler und das finde ich auch o.k. Bei allem gibt es sicherlich auch die eine oder andere tolle Regelschule..... und auch die eine oder andere grottenschlechte Waldorf- oder Montessorischule. |
[büni74] - |
Hallo, dass guter Unterricht / gute KiTaarbeit immer auch von der Person des Lehrers /Erziehers abhängt, denke ich auch. Ich kenne eine ganze Reihe Montessorieinrichtungen und in allen wird etwas unterschiedlich gearbeitet. Ein oder zwei fand ich ganz schrecklich, aber in den allermeisten ist mir eine, immer ähnliche, zugewandte Art mit den Kindern umzugehen, aufgefallen. Die Kinder wurden sehr ernst genommen und individuell begleitet. Das hat mir gut gefallen. Nur das Montessori-Diplom zu haben reicht denke ich auch nicht, um so zu arbeiten. Die Haltung zum Kind muss einfach stimmen. Und Leute mit einer solchen Haltung fühlen sich vermutlich in solchen Einrichtungen auch besonders wohl, bringen sich da engagiert ein und bleiben auch. Was natürlich nicht ausschließt, dass auch in Regeleinrichtungen z.T. gute Arbeit geleistet wird. Für Waldorfeinrichtungen wird vermutlich Ähnliches gelten. Ich würde mich da vermutlich als Erzieher nicht wohlfühlen, weil diese Art zu arbeiten zu mir und meiner erzieherischen Haltung nicht passt. Bei Montessori dagegen fühle ich mich "rundum wohl" und das spüren auch die Kinder. Das, was ich im ersten Beitrag zu den Unterschieden gesagt habe, bezog sich auch erst mal auf die theoretischen Grundlagen beider Konzepte, wie die dann in der Praxis umgesetzt werden, ist ja noch mal wieder was ganz Anderes. Schöne Grüße büni |
[havonni] - AW: Unterschied Montessori vs. Waldorf |
Gerade in der Montessori-Ausbildung wird einem immer wieder vor Augen geführt und bewußt gemacht, dass -wie in jeder anderen Pädagogik auch- der Lehrer eine pädagogische Persönlichkeit sein muss, um überzeugt und sinnvoll zu arbeiten. Nur wo ............ (was auch immer) draufsteht, muss nicht unbedingt .............. drin sein.:rolleyes: Mit Montessori-Pädagogik Nichtstun oder eine lieblose Materialsammlung zu kaschieren halte ich für sehr kontraproduktiv und schädlich für den Ruf der M.Pädagogik. :mad: |
[Monte-Lydia] - AW: Unterschied Montessori vs. Waldorf |
Ich wüsste gerne, welche Monte-Schule du beschreibst, die in Bayern, meine ich. Meine Kinder gingen bzw. gehen noch selber in Penzberg und waren bzw. sind außerordentlich glücklich dort. Ich selbst unterrichte dort Englisch und deshalb interessiere ich mich auch für andere Monte-Schulen und hospitiere manchmal. Außerdem vergleiche ich gerne Aussagen über Schulen, mit dem, was ich dort dann erlebe. Also, magst du mir sagen, welche Schule zu welcher Zeit du beschreibst? MAnchmal kann man ja auch von schlechten Beispielen kernen. Oder inzwischen hat sich die Situation gebessert, dann kann man [U]daraus [/U]etwas lernen. Danke derweil Lydia |